2 Tages-Ausfahrt "Fahrt der Sinne"
2-Tagesausfahrt “Fahrt der Sinne“ vom 21. - 22.08.2010
Tourguide: Brigitta und Christian Nüesch (Tourleiter)
Teilnehmer: Lucia Bachmann, Paul Bachmann, Franz Gwerder, Doris und Heiri Huber, Roger Inglin, Hansruedi und Dagi Meier, Jolanda und Walti Müller Werner Stadler, Sabine und Rolf Steinmann, Ezio Sormani (E210), 16 Personen auf 12 Töff’s
Route 1. Tag:
Treffpunkt in Schöftland, Restaurant Schlossgarten, Schöftland – Mauensee – Huttwil – Wasen - Lüderenalp (Mittagessen), Lüderenalp – Schallenberg – Chuderhüsi – Zäziwil - Schlosswil (Glacé) Schlosswil – Belp – Zimmerwald - Cluniazenserpriorat bei Rüeggisberg (Kultur), Cluniazenserpriorat – Guggisberg (Übernachtung im Hotel Sternen)
Route 2. Tag:
Guggisberg – Gurnigel – Wattenwil - Thun – Ringoldswil (Kaffeepause), Ringoldswil – Eriz - Süderen/Oberei (Mittagessen), Süderen/Oberei – Schallenberg – Schangnau – , Escholzmatt - Littau (Glacé), Individuelle Heimreise
1.Tag Samstag, 21. August 2010
Lüdere, Südere, Oberei, was sich au das: e Buebenei? Käffer sins, dasch nit normal, das alles gits im Emmetal.
Treffpunkt war im Restaurant Schlossgarten in Schöftland. Die, die schon etwas früher da waren, sahen von der Gartenbeiz aus die, die etwas später dran waren und an der Beiz vorbeifuhren. Letztendlich haben dann doch alle den Schlossgarten gefunden. Ein ganz herzliches Dankeschön an Roger, der den Morgenkaffee und die Gipfeli stiftete.
Um 09:30 machten wir uns auf den Weg ins Emmental. Über die Fahrt selbst kann man nicht viel berichten – es ging auf Nebenstrassen durch die wunderschöne Landschaft auf die Lüderenalp. Hier wurde wieder einmal ganz von Anfang an klar, was eigentlich für die ganze Tour stimmte: Der Weg ist das Ziel. Es gibt kaum etwas friedlicheres, als auf sanft geschwungenen Hügeln und Strassen in einer angepassten (ha!) Geschwindigkeit zu fahren und die Landschaft zu geniessen. Links und rechts nichts als Gegend! Und vorne und hinten auch! Und oben blauer Himmel!
Für viele Bauern war das Wochenende wohl kaum so erholsam wie für uns. Das strahlend schöne Wetter wurde von den meisten benutzt, um zu emden. Für uns insofern erfreulich, als ganze Landschaften wundervoll nach Heu rochen. Der Geruchssinn wurde auf angenehme Weise gekitzelt. Auf der Lüderenalp hielten wir Mittagsrast. Beim Durchlesen der Speisekarte ist mir wieder einmal bestätigt worden, dass auch die Lüderenalp eine Insel ist. Eine Hochpreisinsel. Wie die ganze Schweiz – die Lüderenalp ist ein Detail unter vielen. Es ist mir ja klar, dass die Aussicht mitbezahlt werden muss, aber trotzdem. Das Essen war jedenfalls gut, der Vernelisteller hat mir geschmeckt. Ich bin ganz froh, dass es ein „Vernelisteller“ war, weil von Vreneli hörten wir dann später am Tag noch viel - und wenn das ein Vrenelisteller gewesen wäre, dann wäre das schon fast zu viel des Guten gewesen.
Wir fuhren dann weiter, unter anderem auf dem Berner Highway, wo BMW-Motorrad eine grosse Schau hatte. Eine erfreuliche Rast machten wir in Schlosswil. Dort konnte man sich mit Glacé ein bisschen abkühlen. So langsam wurde es nämlich warm. Die Funktionswäsche war jedenfalls bei mir sehr gefordert. Und wieder bestiegen wir unsere Maschinen und fuhren weiter. Bis zum nächsten Halt, wie üblich. Der nächste Halt war eine Klosterruine des Cluniazenserordens, eine Station des Jakobsweges. In der Ruine wurde gerade eine Musikanlage für eine irische Band installiert, so kamen wir während der Besichtigung noch in den Genuss irischer Klänge. Die Musik passte gut zu den alten Gemäuern und erfreute den Gehörsinn. Und plötzlich, jedenfalls kam es mir so vor, waren wir in Guggisberg. Vreneli! Sternen! Nachdem wir unsere Zimmer im Hotel Sternen bezogen und uns frisch gemacht hatten, trafen wir uns in der Gartenbeiz. Dort tranken wir etwas (vom Club gesponsert) und gingen dann anschliessend an die Führung (ebenfalls vom Club gesponsert). Wir erfuhren von der ehemaligen Gemeindeschreiberin einiges über Guggisberg und über das Meieli. Das Meieli hiess übrigens Vreneli und ist auch unter diesem Namen bekannt geworden. Zum Beispiel hat Guggisberg ca. 15.000 Bürger, etwa 800 leben in Guggisberg und der Rest in der ganzen Welt, hauptsächlich in den USA. Wahrscheinlich ist ihnen das Lied auf den Wecker gegangen. Es gibt nämlich ein Lied über das besagte Vreneli ab em Guggisberg, weil dieses an gebrochenem Herzen starb. Die Details erspare ich uns. Aber: Wenn es das Lied nicht gäbe, dann wüsste kein Mensch, wo Guggisberg liegt. Wie spricht man eigentlich Guggisberg auf englisch aus? Göggisbörg? Guugisbörg? Googlebörg?
Es gibt gewisse Eigenheiten im Lied, die ich bis anhin nie begriffen hatte und daher von einer ausgesuchten Blödheit fand. Zum Beispiel das völlig zusammenhangslose Wort Simelibärg, das sich in den Text drängt. Jetzt weiss ich, dass das der Hügel ist, der zwischen dem Vreneli in Guggisberg und dem Wohnort von seinem Schatz, dem Hansjoggeli, liegt. Jetzt verstehe ich, dass Simelibärg unbedingt in den Text musste, blöd find ich es aber immer noch.
Die Führung war sehr informativ, es macht immer wieder Freude, Leute zu sehen, die sich um die Kultur ihrer engeren Heimat kümmern. Wir machten dann noch einen Abstecher in das Vreneli-Museum. Vreneli hat zwar nicht dort gewohnt – es war nur eine ausgestopfte Version mit der Original-Vreneli- Tracht zu sehen. Man konnte sehen, wie eine Küche, ein Wohnzimmer und eine Schlafstube zu der Zeit aussah. Das Bett hatte nur eine Länge von 1.70 m, die Leute waren dannzumal schon etwas kleiner. Deswegen konnten wohl auch die Räume niedriger sein.
Wir haben dann noch herrlich und in Freuden getafelt. Und das notabene im Garten! Das Wetter war so schön und die Temperaturen auch nach Sonnenuntergang so angenehm, wie wir es kaum erwartet hatten. Guggisberg liegt immerhin auf 1.150 m.ü.M. Nach dem Geruchssinn (Heu) kam dann auch der Geschmackssinn (Essen) voll auf seine Rechnung. Der Gesichtssinn wurde mit schönen Landschaften befriedigt. Und der Gehörsinn mit irischer Musik in der Cluniazenserklosterruine und dem lieblichen (ha!) Motorengeräusch der BMW’s. Der Unsinn wird befriedigt mit dem Bericht schreiben.
2. Tag Sonntag, 22. August 2010
Strahlender Sonnenschein. Gluschtiges Frühstücksbuffet. Angenehme Gesellschaft. Wie kann ein Tag besser beginnen? Die Stimmung wurde nicht einmal durch das Bezahlen der Rechnung getrübt, weil wir dies schon am Abend zuvor erledigt hatten.
In bester Laune starteten wir zu unserer Fahrt. Die erste Station war der Gurnigel, ein bekannter Ort wegen des gleichnamigen Bades. Uns beeindruckte allerdings weniger das Bad als die grandiose Aussicht von diesem Berg. Hier waren wir natürlich wieder mitten drin in der Bilderbuchschweiz. Von hier oben sieht man nicht, wie hoch der Ausländeranteil in unserem Ländli ist, und das ist gut so. Wie kämen wir auch ohne Ausländer zu gang? Wir wären zum Beispiel auf dem Guggisberg im Sternen nicht bedient worden, weil die Serviertochter (für die, die es lieber mögen: Servicefachangestellte) Belgierin ist. Und wer hätte uns die Getränke in Ringoldswil gebracht, wenn da nicht eine aufgestellte Ungarin gewesen wäre? Natürlich leidet das Bärndüütsch da ein bisschen, aber ich bin mir nicht so sicher, ob beispielsweise alle 15.000 Guggisberger Bürger, die im Ausland leben, reines Bärndüütsch sprechen. Ob Gunvor Guggisberg (1998 / Switzerland: Zero Points) reines bärndüütsch spricht?
Nach dem Gurnigel wurden wir gefordert, wir mussten die Stadt Thun durchqueren. Mit 12 Mopeds ist das nicht ganz einfach, wenn alle zusammen bleiben sollen. Weil aber Sonntagmorgen war, ging das ohne Probleme, aber nur, weil sich jeder Fahrer Mühe gab, die Abstände zwischen den Töff’s in der Stadt möglichst klein zu halten. Und trotzdem gab es immer wieder Autofahrer, die sich so vor dem drittletzten Töff noch in die Kolonne hineinzwängten. Klar, sie hatten Vortritt. Was sie nicht hatten, ist Verstand. Aber von denen gibt es ja genügend, und nicht nur bei den Autofahrern.
Kurz nach Thun ging’s schon wieder heftig den Berg hinauf. Und dann wieder ein kleines Stück sehr heftig hinunter und dann waren wir im Krindenhof mit seinem sehr schönen Gärtlein. Und einer sehr schönen Aussicht auf den Thunersee und den Niesen gegenüber. In dieser Beiz habe ich zum ersten Mal gesehen, dass „Mir isch glich“ Fr. 4.50 kostet. Wo kann man schon „mir isch glich“ bestellen? Die Schweiz steckt voller Überraschungen!
Kurz vor dem Schallenberg, in Oberei (Süderen), machten wir den letzten Halt im Emmental. Hier konnte man währschafte Bärnerrösti oder so essen. Warm war es, man war schon froh, wenn man das Motorradzeugs abziehen konnte. Aber eben, zum Weiterfahren mussten wir das ganze Zeug wieder montieren. Und ab ging’s auf den Schallenberg. Diesmal in der Gegenrichtung von gestern. Die BMW-Show fand immer noch statt, und auf der Höhe hatte es wieder viele Mopeds. Auf der Strasse übrigens auch, man konnte grosse Teile des Weges einhändig fahren, weil man ständig mit der linken Hand grüsste. Irgendwann wird das wohl von der Polizei, der Suva oder der bfu angeregt werden, dass man das verbieten sollte weil es die Fahrsicherheit enorm gefährdet und man im Moment des Grüssens nicht zu 100 Prozent auf die Fahrbahn und so weiter achtet. Man kann das dann sicher noch mit Statistiken belegen, die von Leuten erstellt werden, die kaum wissen, dass ein Motorrad nur zwei Räder hat und die ein solch gefährliches Ding noch nie aus der Nähe angeschaut haben. Muss man auch nicht, denn es ist sowieso klar, dass die Töfffahrer alles Raser sind, das sieht man ja an den vielen Unfällen! Dass zwei Drittel dieser Unfälle nicht selbstverschuldet sind, braucht man nicht zu berücksichtigen. Im Moment sind Bestrebungen im Gange, eine Blackbox für Motorräder zu entwickeln, die die letzten 20 Sekunden vor und die letzten 10 Sekunden nach dem Crash aufzeichnet. Man rechnet, dass die Blackbox auf 2012 eingeführt werden kann. Auf jeden Fall wäre es ein sehr gutes Hilfsmittel, um die Diskussionen zu versachlichen. Nötig wäre dies schon. Man stelle sich vor, dass in der bfu, die doch schon weitgehende Empfehlungen für Motorradfahrer machte, erst seit letztem Jahr ein Töfffahrer arbeitet! Nun ja, katholische Geistliche machen auch Eheberatung.
Nach dem Schallenberg hätten wir noch auf den Kemmeriboden ins Restaurant Kemmeribodenbad gehen können, um uns eine Merängge zu Gemüte zu führen. Wir sind der Versuchung widerstanden und von Schangnau nach Marbach gefahren und damit im Entlebuch angekommen. In der Biosphäre Entlebuch. Biosphäre heisst, laut Wikipedia, Raum mit Leben. Mein Gott, wie ist das doch einmalig und oberoriginell: Biosphäre Entlebuch. Wahrscheinlich wird diese Bezeichnung als Entschuldigung für höhere Preise gebraucht. Im Prinzip ist doch alles, was nur im Entferntesten Bio oder so heisst, teurer. Besser nicht unbedingt, aber teurer. Goethe hat das seinerzeit so formuliert: „Man merkt die Absicht und ist verstimmt“.
Nun, auch in diesem Raum mit Leben hat es wunderschöne Strässchen, die das Motorradfahren zur Freude werden lassen. Das letzte Stück unserer gemeinsamen Ausfahrt, von Entlebuch via Malters nach Littau, war noch einmal ein Höhepunkt. Auch hier waren wir nicht allein auf der Strasse, der Raum war mit viel Leben gefüllt, das auf Mopeds und/oder in Autos sass und sich des Lebens freute. Schöneres Wetter war nicht möglich.
In Littau mussten wir noch einmal einkehren, um uns mit Glacé oder so für die Heimkehr zu stärken.
Schön war’s. Freude herrscht. Christian und Brigitta haben uns eine superschöne Tour geboten. Ich bedanke mich im Namen der Teilnehmer.
Ezio Sormani
1. Anmerkung: Im Bericht ist bei der männlichen Form immer auch die weibliche mitgemeint. Ich mache einfach bei der läppischen Schreibweise der „FahrerInnen“ nicht mit, weil ich das für völlig schwachsinnig halte. In anderen Sprachen gibt es das nicht – und die Frauen werden genau so ernst genommen wie bei uns.
2. Anmerkung zum „Making of“: Zu den Ortsnamen hätte ich natürlich noch viel mehr dichten und reimen können. Zum Beispiel Oberei hat mich gereizt. Es nähme mich wunder, ob es auch Linkesei oder Rechtesei gibt, Buebenei gibt es jedenfalls. Hühnerei natürlich auch. Cluniazenserprioratsruine ist auch ein schönes Wort, oder? Dann gibt es noch den Gurnigel. Was für ein Igel ist denn das? Gurnt er? Und, wenn ja, was ist gurnen? Vielbringen gibt’s auch. Nichtsbringen wahrscheinlich nicht. Schallenberg heisst es sicher, weil der Schalldruckpegel wegen der Motorräder zeitweise ziemlich hoch ist. Allerdings hiess der Berg schon so, als es noch keine Motorräder gab, also ist diese Erklärung auch nicht viel wert. So, jetzt reichts.
3. Anmerkung: Föteli auf unserer Homepage.
4. Anmerkung: E210 ist Benzoësäure (nur für Insider).