4 Tages-Ausfahrt in die Fränkische Schweiz

  
4-Tages-Ausfahrt in die Fränkische Schweiz vom 23. - 26.6.2006
  
Freitag

Nachdem Walter Müller, unser zweiter Tourenwart, schon mehrere 3-Tages-Ausfahrten organisiert hat, wurde an der GV 05 der Wunsch nach einer viertägigen Tour geäussert. Klar, mit so vielen Tagen kann man dann auch etwas anfahren, das nicht gleich vor der Haustüre liegt!

Nun, am Freitag, 23. Juni 06 ist es soweit. Lange zum Voraus hat Walter die Tour ausgeschrieben, man konnte sich anmelden und musste gleich bezahlen für das Hotel mit Frühstück, Nachtessen, Apéro und Führungen. An besagtem Freitag heisst es früh aufstehen, wenigstens für die Aargauer im Club, ist doch der Start in Winterthur Forrenberg (Autobahnraststätte) um 7.30 Uhr, vollgetankt natürlich. Nun ja, man möchte ja noch Frühstücken und vor Ort wenigstens einen Kaffee trinken, so dass wir um 4 Uhr früh aufstehen müssen! Wenigstens ist das Wetter super, wenn auch um diese Zeit noch etwas kühl. Walter orientiert uns über den ersten Tag der Tour und bildet gleich zwei Gruppen, die zweite Gruppe wird von Marcel Grimm angeführt, er hat die Route ebenfalls in seinem GPS. Immerhin sind es insgesamt 12 Motorräder.

Wir fahren auf der Autobahn Richtung Bodensee, Walter hat einen Gag eingebaut, wir fahren nämlich mit der Autofähre über diesen See. Auf der Fähre stösst Ernst Sauter noch zu uns, vom Bündnerland aus ist er natürlich nicht zuerst nach Winterthur gefahren. Beim Warten auf das Schiff beginnt es schon bald ungemütlich warm zu werden, bereits jetzt brennt die Sonne hinunter, das grosse Kleiderausziehen beginnt bei den Meisten. Rund 20 Minuten dauert die Fahrt, dann geht es weiter Richtung Nordost. Die Fahrt selber ist nicht allzu spektakulär, aber statt der vorausgesagten 30° wird es immer kühler und kühler, so dass wir bei einem Zwischenhalt und beim Mittagessen die zuvor abgezogenen Kleider wieder anziehen dürfen. Ich muss wohl kaum erwähnen, dass am Nachmittag dieses Spielchen wieder von vorne beginnt, es wird wieder immer wärmer. Dieser erste Tag (zum Glück nur dieser!) ist geprägt davon, dass man immer das Falsche angezogen hat...

Am Nachmittag können diejenigen, die wollen, eine Klosterkirche anschauen, die anderen gehen direkt in ein Restaurant. Wir, also die, welche an Kultur interessiert sind, sollten nach der Besichtigung gleich zum Restaurant fahren und dann mit den anderen weiterfahren. Aber oha, auch wir haben Durst, nicht nur nach Kultur, sondern auch nach etwas Flüssigem! Die Kirche, die offenbar vor kurzem renoviert wurde, ist überwältigend schön, auffallend sind vor allem die Deckengemälde, die z.T. plastisch wirken. Es ist schon erstaunlich, was Menschen in früheren Jahrhunderten mit für heutige Begriffe primitiven Mitteln hervorbrachten, riesige Säulen, Gewölbe etc! Also, nach der Besichtigung der Kirche haben wir auch noch das Restaurant im Kloster besichtigt, so viel anschauen gibt Durst...!

Wir fahren weiter, es ist nur noch etwa 20 Kilometer bis Nördlingen, unserem ersten Übernachtungsort dieser Tour. Die Einfahrt in die öffentliche Garage, die direkt unter dem Hotel liegt, ist mit Motorräder nicht ganz einfach. Immer 4 zusammen können durch die Barriere fahren, aber bei der zweiten Gruppe geht sie schon wieder herunter, aber schliesslich stellen wir auch 4 Töffli auf einen Autoplatz.

Da Walter mit der Stadtführerin auf Zeit abgemacht hat, können wir nur kurz Zimmer beziehen und duschen, schon geht’s wieder weiter, diesmal aber zu Fuss. Nördlingen ist ein wunderschönes Städtchen mit einer fast vollständig erhaltenen Stadtmauer mit diversen Stadttoren. Wir erfahren viel Interessantes von der kundigen Führerin, laufen recht lange umher, auch noch ein Stück auf der Stadtmauer. Ein Clubmitglied reklamiert: „Jetzt habe ich doch gemeint, wir seien ein Motorradclub – und nun laufen wir!“ Obwohl die Führung super ist, macht sich doch langsam auch die Müdigkeit bemerkbar, es ist ein langer Tag und wir sind doch immerhin ca. 350 Kilometer gefahren. Wir sitzen nachher noch bei einem Bierchen zusammen, dann laufen wir ins Hotel zurück. Es gibt einen feinen Apéro und ein ebenso feines Nachtessen (Fisch). Wir sind froh, nach diesem langen Tag ins Bett gehen zu können, die meisten schauen aber noch das Fussballspiel Schweiz gegen??? an, es ist ja Fussball-WM. Merkt man es, dass mich das nicht so brennend interessiert? 
  
Samstag

Wir müssen früh aufstehen und Frühstücken, etwas, mit dem einige Clubmitglieder etwas Mühe haben... Das Fahren am heutigen Tag ist um einiges interessanter und anspruchsvoller als am Vortag. Es ist bereits am Morgen recht warm und wird im Laufe des Tages noch wärmer. Am Mittag ist es so heiss, dass es der Autor mit seiner besseren Hälfte vorzieht, ins Restaurant hinein zu sitzen, statt unter den Sonnenschirmen, die nicht allzu viel Kühlung bringen. Unterwegs besichtigen wir eine Universitätsstadt mit zwei grossen Kirchen. Die Helme etc. können wir bei den Motorrädern lassen, jemand macht Parkwache. Die Stadt ist nicht unbedingt nach meinem Geschmack, Nördlingen hat mir viel besser gefallen, aber das ist ein rein persönlicher Eindruck. Gegen Abend wird es immer schöner mit den Kurven, so dass es fast schade ist, dass wir nun am Ziel sind, in der Nähe von Gössweinstein (bekannter Luftkurort), genau genommen in Behringersmühle. Das Hotel, das wir beziehen, hat wunderbar grosse Zimmer (wenigstens unseres!), eine halbe Suite, direkten Zugang auf einen eigenen Gartensitzplatz und zur gemeinsamen Terrasse. Wunderbar, hier werden wir zwei Mal übernachten. Diesmal haben wir genügend Zeit, uns vor dem Apéro zu erholen, frisch zu machen und ein, zwei Bierchen zu trinken. Für einzelne dürften es auch etwas mehr gewesen sein, aber schliesslich sitzen wir heute nicht mehr auf die Mopeds! Wir können aus verschiedenen Menüs auswählen, da gibt es unter anderem echte, fränkische Spezialitäten. Wie üblich sind die Portionen in Deutschland riesig, auch vom Fleisch, so dass viele gar nicht alles essen mögen, auch wenn es noch so gut ist! Während der ganzen Zeit ist übrigens Fussball-WM, etwas, das ausser dem Autor wohl alle interessiert, zusätzlich findet auch noch irgend ein Formel 1-Rennen statt, so dass gewisse Clubmitglieder kaum Zeit zum Essen finden. Na ja, für mich hat das Essen immer Priorität...

Die Deutschen gewinnen irgend ein Spiel, aus Freude darüber spendiert die Wirtin allen ein Kirschwasser, eine nette Geste! Nicht zuletzt wegen dieser WM herrscht ein gutes Klima zwischen unserem Club und deutschen Gästen, sie hätten echt Freude, wenn die Schweizer auch noch ganz vorne dabei wären, was ja dann leider nicht der Fall ist.

Nach dem Nachtessen erklärt uns Walter, dass Morgen Sonntag ein „freier“ Tag ist, jeder kann machen, was er will. Walter offeriert eine schöne Tour von etwa 160 Km durch die fränkische Schweiz und erklärt uns, was man in dieser Gegend sonst noch so alles machen könnte. Hm, man müsste hier in den Ferien sein! Wolfgang, Marcel und Heidi sowie der Autor mit Frau Evelyne beschliessen, etwas besonderes zu machen, Motorradfahren kann man immer, wenn auch nicht immer an einem so schönen Ort. Aber mit der Dampfeisenbahn fahren ist doch auch etwas wirklich besonderes, wir entschliessen uns dafür und melden uns beim Tourenführer für Morgen ab.
  
Sonntag

Sonntag, Ruhetag! Wir alle, die uns abgemeldet haben, vielleicht mit Ausnahme von Wolfgang, schlafen zuerst einmal tüchtig aus und essen dann gemütlich Frühstück vom reichhaltigen Buffet. Anschliessend gehen Marcel und ichnoch auftanken, Wolfgang hat das schon erledigt (ein Wunsch von Walter, damit am Montag wieder alle einen vollen Tank haben). Wir müssen einige Kilometer fahren bis zur Tankstelle und sehen hier, wie wunderschön die Gegend ist. Ein schmales Tal, viel Wälder, ein Flüsschen, bizarre Felsformationen wie sie ähnlich auch in der sächsischen Schweiz vorkommen und Burgruinen auf den Hügeln. Ich weiss gar nicht, wo überall hinschauen, letztendlich müssen wir ja auch auf die Strasse mit ihren vielen Kurven schauen. Diese ist allerdings durchgehend auf 60 km/h beschränkt, wahrscheinlich nicht zuletzt wegen gewisser Motorradfahrer aus der „Knieschleiferfraktion“ zu denen wir BMW-Fahrer ja in der Regel nicht gehören. Aber, dank der Beschränkung sieht man die schöne Landschaft... Auf dem Rückweg schauen wir noch schnell, wo der Bahnhof bez. die Haltestelle für die Dampfbahnfahrt nun genau ist und entledigen uns dann der Motorradbekleidung, denn selbstverständlich wollen wir zu Fuss dahin gehen!

Wir marschieren los, Wolfgang ist schon etwas früher gegangen, da er uns nicht gefunden hat, weil wir auf „Tankfahrt“ waren. Nach etwa 10 Minuten oder etwas mehr sind wir an der Haltestelle. Oh, die vielen Leute, alle haben die gleiche Idee wie wir! Trotzdem finden wir Wolfgang, so dass wir dann alle vier beieinander in einem der uralten Wagen sitzen, ein Bierchen trinken und die schöne Landschaft langsam vorbeigleiten sehen. Es ist eine wirklich gemütliche Sache, fährt der Zug doch höchstens mit 30 km/h! Unterwegs sehen wir viele Boote auf dem Flüsschen, es ist offenbar beliebt für River-Rafting, so heisst das glaube ich auf Neudeutsch. Die Fahrt, bei der man auch immer wieder mal etwas vom würzigen Duft des Dampflokrauchs mitbekommt, dauert 45 Minuten. In Ebermannstadt angekommen, so heisst das Städtchen, besichtigen wir zuerst das moderne Zentrum, anschliessend die Kirche mit ihren ebenfalls modernen Glasfenstern (keine kirchlichen Motive!) und schliesslich den historischen Markt, der alle Jahre einmal stattfindet. Da haben wir Glück gehabt, dass wir genau an diesem Wochenende dort sind. Etwas vom imposantesten ist ein Schmied, der mit Esse, Hammer und Amboss schmiedeiserne Gegenstände herstellt. Aber auch sonst gibt es viel zu sehen, die Leute hinter den Ständen sind vielfach auch historisch angezogen, zu kaufen gibt es nur handwerkliche Sachen, keine Industrieprodukte.

Nachdem wir alles gesehen haben, gehen wir wirklich gemütlich essen, ohne Eile, so dass es erst wieder auf den Zug um 4 Uhr reicht. Auf dem Rückweg haben wir dann allerdings nur eine Diesellok. Vom Schaffner erfahren wir, dass das gesamte Personal in der Freizeit arbeitet, es ist ein Verein, der Heizer auf der Dampflok sei Pfarrer von Beruf! Nun muss ich doch noch etwas über das Wetter schreiben: Es ist den ganzen Tag über grauenhaft schwül, der Himmel ist bleigrau und trotzdem etwa 30°! Wir schwitzen mit unserer leichten Freizeitbekleidung und denken an unsere Clubkollegen in ihren Motorradanzügen...

Später, beim Abendessen, jammern sie auch entsprechend, es sei fürchterlich heiss gewesen. Der Wirt warnt uns am Abend, es könnte hageln, wir sollen die BMW’s unter einen riesigen Baum stellen. In der Nacht gibt es dann tatsächlich ein Gewitter, aber in dieser Gegend ohne Hagel, an anderen Orten jedoch mit verheerenden Schäden!
  
Montag

Wir müssen wieder sehr früh aufstehen, steht uns doch noch eine lange Heimfahrt bevor. Damit wir vorwärts kommen, so orientiert uns Walter, wolle er bis nach Ulm auf der Autobahn fahren (etwa 300 Km) und den Rest auf normalen Strassen. Er warnt uns, wir sollen zusammenbleiben, da die Autobahnkreuze zum Teil sehr kompliziert seien. Tatsächlich, es braucht viel Konzentration, im Verband auf diesen Autobahnen zu fahren, die Kreuze sind wirklich kompliziert, man muss höllisch aufpassen, wo man durchfahren muss! Zu meinem Erstaunen verlässt Walter dann die Autobahn aber vor Ulm, wir fahren durch Ulm hindurch, wenn auch nicht durchs Zentrum. Ulm ist bekanntlich keine Kleinstadt, und so passiert etwas, was auf der ganzen Fahrt vorher (und auch nachher) nie passiert ist: Wir verlieren einander! Zum Glück fahren wir wieder in den bewährten zwei Gruppen, mit Marcel als zweitem Gruppenführer. Lustigerweise sehen wir bei einer Kreuzung unsere Kollegen von links nach rechts durchfahren, sie bemerken uns aber nicht, wie wir nachträglich erfahren. Endlich wird es grün, wir geben Gas, aber unsere Kollegen holen wir einfach nicht mehr ein. Wir sind etwas empört, dass sie nicht anhalten, wie es eigentlich die Regel sein sollte. Ja nun, fahren wir zu, Kilometer um Kilometer. Weit ausserhalb von Ulm hält Marcel an und fragt mich, wo genau eigentlich das Mittagessen ist. Ich suche meine Papiere hervor, er schaut nach und meint, dass wir jetzt dann gleich da seien. Und, was passiert jetzt? Richtig, die erste Gruppe fährt an uns vorbei, alle staunen! Irgendwie sind sie anders gefahren in Ulm und waren nachher hinter uns, ohne das wir das gegenseitig wussten. Ende gut, alles gut, wir essen in einem Restaurant mit angegliederter Brauerei. Der Weg in die Schweiz zieht sich dahin, wir kommen bei Schaffhausen über die Grenze. Franz kennt ein Restaurant in Andelfingen, übernimmt die Führung bis dorthin. Da es auch heute wieder heiss ist, essen alle irgend einen Coup oder Glacé. Zu unserer Überraschung übernimmt Franz für alle die gesamte Konsumation, auch an dieser Stelle nochmals einen ganz herzlichen Dank für diese Grosszügigkeit!

Die Tour ist nun offiziell fertig, das grosse Abschiednehmen beginnt. Ich möchte mich hier stellvertretend für alle, die dabei waren, bei Walter und Yolanda recht herzlich bedanken für ihre Arbeit und perfekte Organisation dieser wunderschönen vier Tage! Ich hoffe, dass wir noch mehr solche schönen Erlebnisse mit dem Club haben dürfen. Nur dank solchen Idealisten ist so etwas möglich, das ist heute überhaupt nicht mehr selbstverständlich!
  
Werner Brawand